Hamburg (dpa-infocom) - Jetzt steht auch BMW unter Strom. Nachdem die
Bayern mir ihrer Efficient-Dynamics-Strategie bereits bei den
Verbrennern die Nase vorn haben, wollen sie nun auch beim
Hybrid-Antrieb in die erste Reihe fahren - müssen dafür aber das Feld
von hinten aufrollen.
Andere Hersteller setzen schon seit zehn Jahren auf Hybrid-Technik - nun zieht auch BMW nach. (Bild: BMW)
Drei Motoren arbeiten gemeinsam Denn während
Japaner und Amerikaner schon seit mehr als einem Jahrzehnt auf die
elektrische Hilfskraft setzen, starten die Bayern damit erst im
kommenden Frühjahr. So kommen sie zwar spät, aber dafür gewaltig: Denn
der X6 ActiveHybrid ist zwar beileibe nicht der sparsamste, dafür der
stärkste Hybrid der Welt. Möglich macht das die Kombination von gleich zwei im Automatikgetriebe
integrierten Elektromotoren mit einem V8-Benziner, der schon alleine
auf 300 kW/407 PS kommt und 600 Nm auf die Straße bringt. Im Team
steigt die Leistung auf 357 kW/485 PS, während das maximale Drehmoment
auf 780 Nm klettert.
Schwer, aber trotzdem leichtfüßig Obwohl der
ohnehin schon schwere X6 mit dem Hybridpaket noch einmal stattliche 400
Kilo zulegt und jetzt auf 2,5 Tonnen kommt, ist er deshalb ein
überraschend leichtfüßiger Sprinter. Als hätte die Tuningexperten von M
GmbH ihre Finger mit im Spiel gehabt, katapultiert das motorische
Dreigespann den X6 nach einer kurzen Gedenksekunde binnen 5,6 Sekunden
auf Tempo 100. Erst bei 236 km/h endet der gewaltige Vortrieb.
Der Reiz einer elektrischen Schleichfahrt Schon
das ist imposant. Doch viel mehr Eindruck als mit Bleifuß kann man mit
sanften Pedalbewegungen schinden. Denn wer ein wenig Feingefühl
entwickelt und nur sachte auf die Tube drückt, fährt mit dem X6 die
ersten Minuten rein elektrisch. Bis Tempo 60 schafft es der SUV auch
flüsterleise mit Strom statt Sprit und kommt mit einem vollen Akku
immerhin 2,5 Kilometer weit. Die örtliche Flaniermeile, das
Anwohnergebiet oder die Spielstraße vor der Haustür sind deshalb kein
Problem. Ist der Akku leer, werden die E-Motoren zu Generatoren und
produzieren beim Bremsen oder beim Dahinrollen den Strom für den
nächsten Sprint. Außerdem drehen sie den Benziner im Leerlauf oder an
der roten Ampel flott den Saft ab und werfen den Verbrenner bei Grün
sanft wieder an. Wie eine Sahnetorte für Diatsünder Zwar
senkt das tatsächlich den Verbrauch, und auf dem Prüfstand hat BMW
gegenüber dem V8-Benziner im X6 50i einen Vorteil von 20 Prozent oder
zwei Litern ermittelt. Doch ein Knauser ist der Kraxler deshalb noch
lange nicht. Schon der Normwert von 9,9 Litern liegt deutlich über
einem herkömmlichen Diesel. Im Alltag gönnt sich der Wagen selbst bei
besonnener Fahrweise zwei, drei Liter mehr. Und wer die volle Leistung
abruft, zahlt mindestens 50 Prozent Express-Aufschlag - das will nicht
so recht zum grünen Anstrich passen. Kooperation mit General Motors und Mercedes Aber der hohe Verbrauch ist nicht der einzige Kritikpunkt am X6
ActiveHybrid. Auch die Zeitplanung muss man den Bayern ankreiden:
Entwickelt wurden die elektrischen Komponenten und das Getriebe
gemeinsam mit General Motors und Mercedes. Aber während man das Paket
bei den Amerikanern bereits seit fast zwei Jahren und bei Mercedes seit
diesem Sommer kaufen kann, gibt es den X6 erst im April 2010. Die Akkutechnik ist nicht mehr zeitgemäß Damit
ist die Technik schon beim Start hoffnungslos veraltet. Denn während
BMW beim ebenfalls in diesen Tagen vorgestellten Hybrid-7er wie auch
bei allen kommenden Modellen auf die leichteren und leistungsfähigeren
Lithium-Ionen-Akkus setzt, lagern unter dem Kofferraumboden des X6 noch
alte Nickel-Metall-Hydrid-Akkus. Sie werden zwar zur besseren
Leistungsfähigkeit eigens gekühlt, wiegen dafür aber fast 100 Kilogramm
und sind groß wie ein Reisekoffer. Der Preisunterschied ist eine Unverschämtheit Am schwersten allerdings wiegt der mehr als unverschämte
Preisunterschied. Wo sich die Bayern beim 7er mit einem
Hybrid-Aufschlag von etwa 5000 Euro begnügen, fordern sie hier rund 26
000 Euro. Zwar gibt es dafür auch eine überkomplette Ausstattung vom
Nappaleder bis zum Panorama-Dach sowie ein markantes Design mit
speziellen Aerodynamik-Felgen und einer eindrucksvollen Hutze auf der
Haube. Dennoch bleibt der stärkste Hybridantrieb der Welt auch der mit
Abstand teuerste und wird sich deshalb zumindest finanziell für kaum
einen Kunden jemals rechnen. Fazit: Teures Vergnügen ohne große Vorteile Unterm
Strich ist dieser X6 für BMW wie für Kunden nicht viel mehr als ein
grünes Feigenblatt. Denn für Klimaretter ist der Wagen ebenso
ungeeignet wie für Knauser an der Zapfsäule. Doch zumindest bleibt hier
beim Sparen der Spaß nicht auf der Strecke.
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